Pfarrer Dr. Walter Zwingel - Heimat- und Geschichtsverein Heuchelheim-Kinzenbach e.V.

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Vor 75 Jahren trat Pfarrer Dr. Walter Zwingel seinen Dienst in Heuchelheim an

Zum Nachfolger von Ludwig Weisel wählte der Kirchenvorstand ab dem 1. März 1949 unter 4 Bewerbern den Pfarrer und Doktor der Philosophie Walter Zwingel, geb. 16.07.1909 in Frankfurt. Nach verschiedenen Pfarrstellen war er ab 1936 in Ober-Breitenbach (heute Teil der Stadt Romrod), von wo er später die Ehrenbürgerschaft erhielt, und zusätzlich in zahlreichen Ortschaften des Kreises Alsfeld tätig. Während der Nazi-Herrschaft wurde in 1936 nach einer Adventspredigt ein Verfahren wegen staatsfeindlicher Äußerungen gegen ihn verhängt.
  
In seine 25-jährige Pfarr-Tätigkeit von 1949 bis 1974 in Heuchelheim fielen u.a. folgende zu erwähnende Aufgaben:  3 Jahre Dekanatsjugendpfarrer, 8 Jahre Dekanatsstellvertreter, 12 Jahre Religionsunterricht an Gießener Gymnasien, 25 Jahre neben der Frauenhilfe Einrichtung eines Mütterdienstes für Fragen der Erziehung und des modernen Lebens, Einsatz des Mediums Film in der Gemeindearbeit, Fortführung der alten Christenlehre als Jugendforum, 1956 Gründung eines Posaunenchores, 1960 Begleitung des Baus der Friedhofskapelle für Trauerfeiern, 1961/62 Bau des Ev. Gemeindehauses in der Schubertstr. 3, 1968 Zusammenführung der beiden Kirchengemeinden Kinzenbach und Heuchelheim, 1969-72 Neubau der Martinskirche. Die alte Martinskirche war für den Besuch zu klein und außerdem sanierungsbedürftig. Zunächst bestanden Planungen, das alte Kirchenschiff abzureißen und einen größeren modernen Anbau an den Kirchturm und Chor zu schaffen. Gegen den Abriss des alten Kirchenschiffes bestanden jedoch Bedenken seitens der Denkmalschutzbehörde und der Kirchenleitung. Ein Kirchenarchitekt schlug vor, im Pfarrgarten ein neues Kirchenschiff zu bauen und mittels eines modernen Eingangsbereichs mit der alten Kirche zu verbinden. Dies wurde schließlich verwirklicht und die neue Martinskirche konnte im April 1972 eingeweiht werden. Nach dem kommunalen Zusammenschluss mit Kinzenbach in 1967 hat Pfarrer Zwingel dem Lied „Heuchelheim im Land der Hessen…“ (auch als Heuchelheim-Hymne bekannt) noch einige Verse hinzugefügt.   
 
Neben seiner Pfarrtätigkeit war Dr. Walter Zwingel als Historiker tätig. In dem vom Kulturring in 1961 aufgelegten Buch „Heuchelheim in Wort und Bild“ veröffentlichte er auf den Seiten 40 bis 53 unter dem Titel „Vom Mittelalter zur industriellen Gesellschaft – evangelische Kirche im Wandel der Zeit“ einen umfangreichen Artikel, worin er nicht nur die Kirche geschichtlich in die Entwicklung seiner Heimatgemeinde stellt, sondern auch das denkmalgeschützte alte Kirchengebäude einschließlich des wertvollen Inventars textlich und bildlich erläutert. Auch nach seiner Pensionierung hat sich Pfarrer a. D. Dr. Walter Zwingel weiter dorfgeschichtlich betätigt. So ist es ihm zu verdanken, herausgefunden zu haben, dass Heuchelheim erstmals urkundlich im Jahre 779 im Lorscher Codex erwähnt wurde und zum 2. Male bei einer Beschreibung des Bannforstes des Marienstiftes in Wetzlar von 914/915. Legendär sein geschichtlicher Vortrag am 07.12.1982 anlässlich der Wiedereröffnung der alten Martinskirche (Martinskapelle) nach deren Sanierung in der vollbesetzten neuen Martinskirche unter dem Titel „Wenn die Bieber erzählen könnte…“. Der volle Text ist in der Festschrift des Kulturrings zu dessen 40-jährigem Jubiläum 1987 abgedruckt und kann heute noch interessierten Bürger*innen vom Heimat- und Geschichtsverein zur Verfügung gestellt werden. Der damalige Vorsitzende des Kulturrings, Otto Bepler, schreibt in einem Vorwort zu dem Vortrag: „Der Leser erlebt auch so noch einmal unmittelbar die fesselnde Vortragskunst des Pfarrers und Historikers Dr. Walter Zwingel.  
 
Als Vorarbeit für die später aufgelegte Ortschronik von Kinzenbach hat Dr. W. Zwingel 1986 im Anhang zur Heuchelheimer Ortschronik auf den Seiten 453 bis 479 unter dem Titel „Kinzenbach – ein Gang durch seine Geschichte“ einen umfangreichen Artikel veröffentlicht. Dabei stellte er hier erstmals fest, dass Kinzenbach gegenüber Heuchelheim die ältere Ansiedlung sei. Beide lägen in einer gemeinsamen Mark, Kinzenbach aber hält die Mitte, gleich weit von Wald und Fluss, während Heuchelheim an den Rand der Mark rückte, entfernt vom Wald, näher am Feuchtgebiet der Lahn.
 
Auch bei der Vorstellung der federführend von Altbürgermeister Otto Bepler gestalteten  Neuauflage der Reidtschen Ortschronik „Heuchelheim – Geschichte eines Dorfes im Lahnbogen“ im Jahre 1987 war Dr. Walter Zwingel noch als Mitarbeiter dabei. Nach dem Ruhestand zog das Ehepaar Gertrud und Dr. Walter Zwingel in ihr neu errichtetes Haus im Vogelsang 18. Die beiden Kinder Klaus und Dorothe sind auswärts verheiratet. Dr. Walter Zwingel verstarb 78-jährig im Juli 1987.

Das nachstehende Bild zeigt Pfarrer Zwingel im Jahre 1969 im Alter von 60 Jahren.



Heimat- und Geschichtsverein Heuchelheim-Kinzenbach e.V. / Arbeitskreis Ortsgeschichte
Online seit dem 27.12.2020
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